Beiträge von CCCSpeedy

    Cassandra


    „Ich ähm.. also ich. Ja, nein..“, stammelte ich und schloß kurz die Augen, um mich irgendwie wieder zu sammeln. Na großartig, das war ja wunderbar gelaufen, genau so, wie ich es nicht erhofft hatte, dachte ich und überlegte fieberhaft, was ich jetzt schlaues sagen könnte, um mich zu retten. Irgendwie.

    Kurz räusperte ich mich, bevor ich weiter sprach: „Also.. Es ist nicht so.. wie es scheint..?“, biss ich mir auf die Unterlippe und grinste Leonie schief und scheel an.

    „Um den Finger gewickelt..? Um Gottes Willen, nein.. Nein. Wirklich nicht..“, ich schüttelte den Kopf und war nur mäßig glücklich mit meinem ‚Erfolg‘ hier.
    „Danke dir, also fürs Bescheid sagen, wenn du ihn siehst.. Aber.. Ich muss mal eben zur Toilette..“

    Damit verschwand ich schleunigst in den kleinen Raum, wartete, bis der Bewegungsmelder die altersschwache Neonröhre an der Decke zum Leben erweckt hatte und schloß mich dann unverzüglich in einer der beiden Kabinen ein.

    Was war das bitte gerade für ein absolutes Wirrwarr gewesen, dachte ich schwer seufzend und ließ mich erst einmal so auf den Toilettendeckel fallen, um noch ein paar mal tief durchzuatmen und mich wieder zu sammeln.

    Leo musste mich jetzt für verrückt halten, soviel stand fest, dachte ich und überlegte, mit einem Blick über die Schulter, ob ich durch das winzige Fenster passen würde, um zu fliehen und mich hier einfach nie mehr blicken zu lassen.

    Blöde Idee, da ich zumindest Leonie im Center sicher über den Weg laufen würde..

    Also ergab ich mich in mein Schicksal, erledigte das, weswegen ich hergekommen war und wusch mir neben den Händen auch noch so gründlich es meine Wimperntusche zuliess, das Gesicht.

    Steif stakste ich anschließend wieder zurück in den Schankraum und zu Leo hinter die Theke - an der sie stand und mit Harper sprach. Ausgerechnet..



    Harper


    Der Abend war anstrengend. Ich hielt an meinem ersten Guiness fest, nippte ab und zu und brauchte für ein Glas viel länger, als die anderen Jungs, die sich langsam aber sicher ausknockten.

    „Was los mit dir, Harpi?“, fragte gerade Brian und knuffte mich auf den Oberarm.

    „Nichts, alles gut“, lächelte ich leise, trank mein Pint leer, erhob mich sodann und machte mich auf den Weg in Richtung Theke, wo ich mir ein Wasser bestellen wollte.
    „Jungs, ich geh eben rüber. Wollt ihr auch noch was, soll ich euch was mitbringen?“, fragte ich in die Runde und erntete Gegröhle und wildes durcheinander Rufen.

    Da sowieso alle Guiness tranken, merkte ich mir nur, wer sich alles bemerkbar gemacht hatte und zählte im Geiste durch, während ich mich durch die Menschenmenge drängte.

    „Hey Leo“, nickte ich ihr zu und hob meine Mundwinkel zu einem kleinen Lächeln.
    „Sechsmal wie immer bitte und ein Wasser.“

    Cassandra


    Scheu lächelte ich Leo an, folgte ihrem Blick und spürte, wie mir beim Anblick der ersten, gut gelaunten Gäste, das Herz in die Hose rutschte. Wieso genau war ich nochmal zurück gekommen? Ach ja richtig, ich brauchte das Geld. Außerdem wollte ich bei Gelegenheit Leo nach Harper ausquetschen. Schnell suchte ich unter den Menschen, ob er vielleicht schon da war, aber Fehlanzeige. Gut, dann könnte ich gleich fragen, beschloss ich und stürzte mich, zufrieden für meine Verhältnisse, ins Zapfen.

    Nach einer gefühlten Ewigkeit, ein Blick auf die Uhr sagte allerdings, dass erst 45 Minuten vergangen waren, war ich immer noch nicht dazu gekommen, ein wenig privater mit Leonie zu sprechen. Ängstlich ließ ich meinen Blick durch den Schankraum schweifen und stellte, einerseits beruhigt, andererseits stirnrunzelnd fest, dass Harper noch immer nicht da war. Laut Aussagen der anderen war er sonst immer pünktlich hier und verließ das Lokal eher später, als zu früh.

    Gerade hatte ich ein weiteres Tablett mit Gläsern voller Guiness an einen Tisch gebracht, und wollte kurz zur Toilette, als ich Leo im selben Gang verschwinden sah.

    Rasch folgte ich ihr.

    „Du, Leonie?“, fragte ich vorsichtig, als ich fast neben ihr war.

    „Sag mal..“, langsam geriet ich doch ins Zögern, doch ihr freundlich offener, fragender Blick, ließen mich weiterstammeln: „Also ich hab ihn heute noch gar nicht gesehen.. Ist.. äh.. ist Harper schon hier?“

    Ich spürte, wie mein Kopf knallrot anlaufen musste, räusperte mich kurz und wartete die Antwort geduldig ab, während mein Herz unaufhörlich in meiner Brust zu tanzen schien.

    Harper


    Als ich wieder zurück in meiner kleinen Wohnung bin, auf der Bettkante sitzend, die Ellbogen auf die Knie gestützt und das Gesicht in den Händen vergraben, überlege ich seufzend, ob ich heute überhaupt in den Pub gehen, oder mich noch etwas hinlegen und mir später zur Nachtschicht aufbrechen soll..

    So betrübt war ich schon lange nicht mehr, nachdem ich auf dem Friedhof war, denke ich und erhebe mich langsam und schwerfällig, eher wie ein alter Mann, stelle ich fest.

    Das ist oft so, wenn ich von Liara komme - ich hab das Gefühl, dass ich plötzlich mehrere Jahre gealtert bin..

    Energielos schlurfe ich ins Bad, drehe das Wasser der Dusche kalt auf und ziehe mich aus. Erst unter dem belebenden Strahl kann ich wieder richtig durchatmen und entscheide mich für den Pub, statt dagegen.

    Ich erhoffe mir Ablenkung statt dieses Selbstmitleid, welches mich runter zieht.

    Schlotternd steige ich aus der Dusche, nur mit einem Handtuch um die Hüften, und beschließe, mich vorm Zähne putzen doch ausnahmsweise erst einmal etwas aufzuwärmen und anzuziehen. Derweil tanzt mein Smartphone beinahe Tango - in unserer Männer Gruppe, die sich allabendlich im Pub trifft, geht mal wieder die Post ab.

    Und auch wenn mir nicht danach zumute ist, greife ich nach dem Handy, überfliege den Chat und setze ein paar Smileys.

    Am liebsten wäre ich einfach nur aufs Bett gefallen, hätte mich in die Decke gerollt und bis morgen geschlafen, aber da die anstehende Nachtschicht mich davon ja sowieso abhalten würde, machte ich mich stumpf weiter fertig, packte meinen Rucksack und verließ das Haus später, als sonst.

    Meine Laune war immer noch im Keller, aber das ließ ich mir nicht anmerken, als ich angekommen, meine Maschine umsichtig abgestellt und den Laden betreten hatte.

    Grüßend hob ich eine Hand in die Runde, kämpfte mich zu unserem Stammtisch durch und ließ mich schwer auf einen Stuhl fallen.

    „Harper, altes Haus, warum so spät heut?“, fragte einer der Jungs gut gelaunt und ließ mir ein Pint quer über den Tisch schlotternd zukommen.

    Grinsend, was mir noch schwer fiel, nahm ich es in Empfang, hob es hoch und nickte meinen Kumpels zu, bevor ich das Glas an die Lippen setzte und trank. Heute, um zu vergessen.

    Cassandra


    Zuhause mache ich mir nur ein schnelles Abendessen, schlinge es im stehen an der Küchen (//boah Mist, wie heißt das Wort noch? 🙄 Inspiration91 🙏🏻//) .. hinunter und verschwinde dann ins Bad, um mich frisch zu machen und umzuziehen.

    Ich wähle ein ähnlich praktisches und unauffälliges Outfit wie gestern, Jeans und T-Shirt müssen genügen.

    Dazu überrede ich mich zu etwas Mascara und stecke meine rote Mähne locker auf - die offene Frisur gestern Abend war doch teilweise sehr störend bei der Arbeit, denke ich seufzend und greife zum Haarspray.

    Das Parfüm, welches meine Schwester Sally mir mal geschenkt hatte, und was seitdem ungenutzt im Schränkchen steht, ist wahrscheinlich für die Arbeit im Pub gerade richtig, denke ich und lege ein paar Spritzer davon auf.

    Kritisch betrachte ich mein Werk und bin ganz zufrieden mit dem Ergebnis, ergo mir.

    Dennoch seufze ich tief, als ich in bequeme, flache Ballerinas schlüpfe und das Haus eine Dreiviertelstunde vor Arbeitsbeginn im Pub verlasse und mich auf mein Rad schwinge.

    „Hi zusammen“, grüße ich leise und hebe unsicher die Hand, als ich in den großen, dunklen Raum trete, in dem bisher nur ein paar meiner Kollegen umherflitzen und die Band sich in ohrenbetäubender Lautstärke einspielt oder sowas.

    Bei jedem Schlag auf dem Schlagzeug zucke ich kurz zusammen, bis ich mich daran gewöhnt hab und mich tapfer in Richtung Theke zu Leo vorgearbeitet habe, die dort Gläser poliert.

    „Hallo“, lächle ich vorsichtig und deute mit dem Daumen in Richtung des Personal Raumes, wo ich meine Sachen in dem mir zugewiesenen kleinen Spind verstauen möchte, bevor ich mich durch die Schwingtüren zu Leo hinter die Theke zwänge.

    Harper


    Grinsend beließ ich es bei Leonies Küsschen auf die Wange, genoss kurz darauf ihre kühlen, nassen Finger an genau der selben Stelle und sah ihr dann schweigend noch einen Augenblick nach, als sie davon eilte.

    „Bis später“, murmelte ich nur, blieb selbst noch stehen, ließ mich vom Regen vollregnen und überlegte, ob ich noch kurz zum Friedhof fahren oder das ganze auf morgen verschieben sollte. Bei Regen hätte ich dort definitiv mehr Ruhe, dachte ich und gab mir einen schwerfälligen Ruck.
    Da ich mittlerweile sowieso vollkommen durchnässt war, schwang ich mich gnadenlos auf mein Motorrad und startete langsam in Richtung Osten, in den Nachbarort, etwas außerhalb von Galway.

    Da hier in und um Barna die Wege grundsätzlich nicht sehr lang waren, war ich recht zügig an dem Ort, wo ich hinwollte - oder eigentlich auch nicht.., dachte ich seufzend und machte mich langsam zu Fuß auf den Weg.

    Wider Erwarten kamen mir ein älterer Mann mit Hund und eine Omi mit ihren Enkeln entgegen.

    Höflich nickte ich ihnen zu und war froh über den Regen; so konnte man meine Tränen, die sich langsam ihren Weg über mein Gesicht bahnten, wie ich verblüfft feststellte, nicht sehen.

    Traurig war ich immer, wenn ich hier war, keine Frage, aber weinen tat ich dennoch selten, auch wenn mir jedes verdammte Mal zum Heulen zumute war..

    Langsam ging ich weiter, hörte nur den Kies unter meinen Schuhen knirschen und das Rauschen des Regens, das alles andere übertönte.

    Der Friedhof war klein, weswegen ich schon bald dort angekommen war, wo ich hinwollte.
    Zu Liara. Meiner Freundin, meiner Liebe, meinem Glück.

    Dem Mädchen, mit dem ich nur drei Jahre meines Lebens teilen durfte, bevor erst ein Unfall, ein beschissener, tragischer Unfall, sie ins Wachkoma und dann, drei Wochen später aus dem Leben verfrachtet hatte.

    Hier hinten waren keine Menschen mehr zu sehen und so konnte ich mich einfach auf den Boden vor das Grab hocken, mit den Fingern ein paar verirrte Blätter von den Steinen fegen und die Blumen, die ich vor ein paar Tagen mitgebracht hatte und die durch die zwischenzeitliche Hitze schon etwas mitgenommen waren, neu arrangieren.

    „Hey, Süße“, begann ich leise, langsam und belegt, so dass ich mich zunächst räusperte.

    „Blöd mit den Blumen.. Ich.. Ich bring dir die Tage neue mit..
    Du fehlst mir so, Süße..“, brachte ich gerade noch erstickt raus, bevor ich mich noch einmal räuspern musste.

    „Du und alles was wir vorhatten.
    All die kleinen Dinge, die wir uns mal geschworen hatten..

    Wir hatten doch Pläne. So viele gemeinsame Pläne. Wir kannten die Wege und jetzt muss ich sie ohne dich gehen..“

    Noch einmal atmete ich durch, wischte mir die Augen, was gar nichts brachte, bei dem Regen, und küsste dann meine Fingerspitzen, die ich auf Liaras Namen auf dem Grabstein drückte, bevor ich mich erhob und schwerfällig zurück in Richtung Parkplatz ging, um die schnalle Heimfahrt anzutreten.

    Harper


    „Der Luxus eines Daches“, feixte ich und hielt Leonies Blick zum wiederholten Male heute fest.

    „Ist echt lieb von dir, Baby, aber wenn ich diesem Luxus und zusätzlich deiner bezaubernden Gesellschaft jetzt nachgebe, komme ich heute Abend, aus verschiedenen Gründen, nicht mehr rüber nach Galway..“, zwinkerte ich ihr vielsagend und eindeutig zweideutig zu, während ich mit dem Daumen hinter mich zeigte und vage die Richtung der Stadt andeutete, die eigentlich auf der anderen Seite lag.

    „Allerdings würde ich mich gerne, wenn ich diesen kleinen Teufelsbraten hier wieder auf die Weide entlassen habe, gebührend von dir verabschieden, wenn du mich lässt..“

    Mit diesen Worten setzten wir uns wieder in Bewegung und gingen in Richtung der verschiedenen Wiesen.

    „Und? Lässt du mich?“, fragte ich Leonie schmunzelnd, nachdem Falada bockend und beinahe vor Freude jauchzend in Richtung seiner Kumpels abgedampft war.

    Der Regen hatte mittlerweile an Fahrt aufgenommen, doch weder sie, noch mich schien das groß zu stören - im Gegenteil, der Moment jetzt, ohne Pferd, ohne Publikum, einfach nur wir beide etwas abseits am Weidezaun, war irgendwie magisch.

    Cassandra


    Nachdem ich mich mit einem knappen, unbeholfenen Nicken von Luis verabschiedet und stocksteif aus dem Stall gegangen war, konnte ich an der frischen Luft endlich wieder richtig durchatmen, was ich prompt tat.

    Da ich überhaupt nicht zu Topsy musste, geschweige denn wollte, schlug ich einen Weg etwas weiter um das Gelände herum an. So konnte ich mich noch weiter etwas umsehen und würde hoffentlich erst zurück am Büro sein, wenn Audrey auch wieder da wäre.

    Der Himmel öffnete, gnädiger als vorhin, langsam wieder seine Schleusen und ich bekam eine Gänsehaut, als ein paar kühle, harte Tropfen mich trafen.

    Schaudernd ging ich weiter, sah mich um, ohne wirklich zu erkennen, um was für Gebäude oder Abgrenzungen es sich jetzt hier genau handelte.

    Vielleicht könnte Audrey mir auch noch einmal alles hier genau zeigen, dachte ich gerade, als mein Herz erst einen Satz machte, dann aber irgendwie eine Etage tiefer sackte.

    War das da vorn nicht Harper?, fragte ich mich und kniff leicht die Augen zusammen, um in der Entfernung besser sehen und erkennen zu können.

    Und wer stand da neben ihm? Eindeutig weiblich und eindeutig unterhielten beide sich offenbar angeregt und ziemlich vertraut.

    Ein Seufzen bahnte sich jetzt den Weg über meine Lippen und hier draußen, allein und im Regen, ließ ich es ungeniert raus.

    Vielleicht sollte ich doch weiter im Pub arbeiten..
    Dieser absurde Gedanke erschreckte mich so sehr, dass ich rasch den Blick abwandte und mich auf der Stelle auf den Weg zu Audrey Büro machte.

    Wegen eines blöden Typen, der sich gewissenlos mit allen möglichen Mädchen in der Öffentlichkeit amüsiert, würde ich sicher nicht weiter in dieser Hölle arbeiten!, dachte ich pikiert und stakste weiter.

    Andererseits.. Er hatte sich doch nur unterhalten.. Und vielleicht könnte ich im Pub Leo mal nach Harper fragen.. Natürlich nur ganz unverbindlich..

    Ich merkte, wie ich nur bei den Gedanken daran errötete, schüttelte räuspernd den Kopf und zog selbigen dann ein, als die Tropfen dicker und unbarmherziger wurden.

    Zurück auf dem Hof vorm Büro, war bei diesem Wetter keiner mehr zu sehen.

    Weil ich den Plan mit Leo aber gar nicht so schlecht fand, entschied ich mich spontan dazu, Audrey erst morgen nach einem möglichen Job zu fragen und nach einem Blick auf meine Armbanduhr war es auch höchste Zeit, mich auf meinen Drahtesel zu schwingen und nach Hause zu radeln, wenn ich mich noch umziehen und frisch machen wollte..

    Harper


    „Oh stimmt ja. Sorry, alter Junge“, grinste ich Leo zu und tätschelte dem gelangweilt drein blickenden Pferd kurz den Hals, bevor wir uns auf den Weg in Richtung Longierzirkel machen.

    Das Center hat sowohl eine Halle fürs Longieren, den Round Pen ziemlich im Zentrum des Geschehens - in dem jetzt Cassandras Topsy steht - als auch einen kleinen Reitplatz, etwas abseits. Den wähle ich für heute, da das Wetter mittlerweile beständiger zu sein scheint und ich mit Leonie auf noch mehr Zuschauer verzichten kann..

    Auf dem Weg dorthin konnte ich der Versuchung, nach ihrer Hand zu greifen, nur mit größter Mühe widerstehen und fummelte stattdessen irgendwie mit der Longe herum.

    „Da wären wir“, murmelte ich und werfe Leo kurz einen erwartungsvollen Blick zu. Die jedoch grinst nur gutmütig zurück, stellt sich außen an die Bande, lässig einen Fuß auf den untersten Holzbalken aufgestützt, und lässt mich eiskalt abblitzen. Diesmal, Baby, denke ich in mich hinein grienend und mache mich ans Werk.

    Zugegeben, im Eifer des Gefechtes hatte ich glatt vergessen, dass Falada kein Freund des Longierens ist und es, selbst im abgegrenzten Zirkel, eine Herausforderung darstellt, dieses Biest anständig zu bewegen.

    Heute machte das schwarze Pony keine Ausnahme und ein paar mal hatte er mich ordentlich vor Leo vorgeführt. Dass ich mich nicht lang gelegt hatte, hatte ich jedoch nicht dem Pferd zu verdanken, sondern meiner eigenen, hervorragenden Balance.

    Eine halbe Stunde später, von unten bis oben im Gesicht voll mit Sandmatsche und ordentlich außer Atem, sowohl Falada, als auch ich, trat ich neben Leonie, die tatsächlich ausgeharrt, mir ab und zu einen amüsierten Spruch gedrückt und sich des Öfteren das Lachen verkniffen hatte.

    „Fertig“, stöhnte ich übertrieben angestrengt und zwinkerte ihr dann zu.

    „Und jetzt musst du zum Pub? Schon?“, fragte ich sie und wunderte mich selbst über meine plötzlich gesunkene Laune - die rein gar nichts mit dem schlechten Benehmen meines Pferdes zu tun hatte.

    „Soll ich dich hinfahren?“, bot ich ihr großzügig an und blickte zum Himmel, der sich rasch wieder zuzog.

    Mist. Bei Regen konnte Leonie sicher auf eine Fahrt auf meiner Maschine verzichten, dachte ich betrübt.

    Harper


    Ihre Anwesenheit heute Nacht?, dachte ich kurz und überlegte, was sie denn damit meinte - war Leonie vielleicht doch forscher, als ich zuerst dachte?

    Dann jedoch fiel mir ihr Bruder im Krankenhaus ein und ich schalt mich innerlich einen absoluten Vollidioten, während ich nach außen hin cool blieb und zu einer gewohnt lässigen Antwort ansetzte, die Leonie, glücklicherweise, im Keim erstickte.

    Stattdessen flirtete sie ungeniert drauf los, stellte sich so nah vor mich, dass ich nur den Kopf hätte neigen brauchen, um sie noch einmal zu küssen.

    Hätte, hätte, wie war das? Alle guten Dinge sind drei?

    Ganz leicht nur beugte ich mich zu ihr, erhaschte noch einmal einen Blick in ihre überrascht aufgerissenen Augen und schloß die meinen dann, während ich ihre Lippen, warm und süß, unter meinen spürte, schmeckte und genoss.

    Leider hatte ich in einer Hand die Longe und somit das Pferd und hielt in der anderen die Longierpeitsche, so dass ich Leonie nicht weiter anfassen konnte, sondern wir ausschließlich mit diesem Kuss vorlieb nehmen mussten.



    Cassandra


    Um Himmels Willen!

    Ich erschrak zutiefst, als ich, nichts Böses ahnend durch den, leeren, wie ich offensichtlich falsch gedacht hatte, Stall wanderte, in verschiedensten Gedanken gefangen.

    „Oh mein Gott“, stammelte ich unhörbar, als ich auch noch ausgerechnet einen Typ, meinem ungeübten Blick nach zu urteilen, gut gebaut, oben ohne in einer der Boxen auftauchen sah.

    Schnell senkte ich den Blick, entschuldigte mich und wollte schleunigst machen, dass ich hier wegkäme, da kommt er auch schon, zu meinem Glück vollständig bekleidet, aus der Box, bleibt vor mir stehen, lächelt mich freundlich an, erklärt die Lage und stellt sich vor.

    Ich hätte gern gesagt, so überfordert war ich lange nicht mehr, da das bei mir aber quasi Standard war, war ich heute schon diverse Male in ähnlich ausweglos scheinender Situation gewesen und fügte mich nur noch in mein Schicksal, indem ich mich vorstellte.

    „Schön, dich kennen zu lernen und.. es tut mir wirklich leid, dass ich hier so.. so reingeplatzt bin und.. und dich beim.. äh.. beim Umziehen gestört habe..“

    Räuspernd trat ich ein paar Steinchen auf dem Boden hin und her und spürte, wie ich knallrot anlief.

    Als ich den Blick langsam wieder hebe, hoffe ich, dass er weg ist, schaue jedoch geradewegs in Augen, die so cremig braun sind, wie Vollmilch Schokolade.

    Harper


    „Gerade erst, keine Sorge“, zwinkerte ich lässig, hakte einfach nur Strick und Longe um und sah Leo nochmals an.

    Es brannte mir zwar in den Lippen, sie noch einmal zu küssen, aber das wäre selbst für mich etwas zu penetrant gewesen - vielleicht später, sollte Leo sich entscheiden, mich noch zu begleiten, dachte ich.

    „Und? Was machst du jetzt?“, fragte ich unschuldig und setzte ein Harper Grinsen auf.

    „Kommst du mit uns und rettest das arme, gequälte Pony vor meiner Inkompetenz?“

    Ich fragte mich, warum ich Leonie plötzlich so unbedingt in meiner Nähe haben wollte und verstand selbst nicht so ganz, was das war.

    Erwartungsvoll sah ich sie an und wartete auf ihre Antwort.



    Cassandra


    Seufzend blickte ich Audrey und den Männern nach, die rasch in einen Geländewagen stiegen und mit Staub aufwirbelnden Reifen vom Hof fuhren.

    Da Topsy mich nicht leiden konnte und, wie ich nach einem kurzen Schwenk des Kopfes feststellte, intensiv mit seiner Portion Heu beschäftigt war, beschloss ich, mich in den Stallungen etwas umzusehen.

    Langsam schlenderte ich dorthin, inspizierte vorsichtig Ställe, Kammern und Räume für alles mögliche - Futter, Equipment aller Art, Sättel, sogar ein überdimensional großes Solarium und eine Waschbox entdeckte ich, nicht schlecht staunend und überlegte mit schlechtem Gewissen, wie hoch wohl die monatliche Miete sein müsste, die Mr. Flecks Onkel Frank mir momentan zahlte.

    Sofort klopfte mein Herz wieder ein paar Takte schneller und ich hoffte, dass Audrey vielleicht gleich eine Lösung für mich hätte..

    Hallöchen ihr Lieben, wollte nur kurz mitteilen, ich bin übrigens noch dabei, es macht mir auch viel Freude!
    Aber ich komme derzeit nicht zum Karten schreiben und versenden und ich muss auch wieder neue Briefmärkchen besorgen.
    Vielleicht klappt es noch in diesem Monat, ich will es hoffen.....;)

    Geht mir genauso..

    Aber ich gelobe Besserung :)


    Ich hatte übrigens heute eine inkognito Karte im Kasten :8o

    Und wirklich überhaupt keine Ahnung, von wem die kommt..

    Harper


    „Das warten wir mal ganz entspannt ab, Süße. Ich bin da recht flexibel und spontan. Bisschen davon schadet dir auch nicht“, zwinkerte ich, trat einen Schritt von ihr zurück, ich war ja nicht so und wollte Leo nicht noch mehr bedrängen, und steckte dann artig beide Hände in die Taschen meiner Jeans.

    Don kam mit seinem Pferd an uns vorbei und nickte uns kurz schmunzelnd zu.

    Ich nickte zurück, Leo hob kurz die Hand, zappelte dann jedoch so nervös auf der Stelle herum, dass ich mich erbarmte: „Komm Leo, wir holen das Pony - ohne weitere Vorkommnisse, versprochen. Ok?“

    Nachdem Falada die Gunst des regenreichen Moments genutzt und sich paniert hatte wie ein Wiener Schnitzel, hatte ich keine große Lust mehr, irgendetwas mit dem Pferd zu tun.

    „Jackpot“, grummelte ich augenrollend, als ich mit dem schlammbedeckten Wallach, der eigentlich ein Rappe war, neben Leonie in Richtung der Stallungen unterwegs war.
    „Ich glaub den werf ich heute nur an die Longe. Halt mal“, stöhnte ich, drückte Leo den Strick in die Hand und ging kurz zu meinem Schrank, in dem das Equipment lagerte.

    Auf dem Weg traf ich auf Luis, der in irgendeiner Sprache mit sich selbst murmelte. Da er mich nicht zu bemerken schien, machte ich mich schnell wieder vom Acker.

    „Danke“, sagte ich zu Leo, die das doch recht kleine Pferd wohlig in den Ohren kraulte, was ihm sehr zu gefallen schien, als ich zurück kam.