Ranya
"Wenn du möchtest, dass ich gehe, dann gehe ich", antwortete ich ernst, während ich ans Fenster herantrat und einen Blick hinauswarf. "Spätestens morgen würdest du mich zwar doch wieder sehen, aber wenn du deine Schonfrist brauchst..." Ich zuckte mit den Schultern, ehe ich mit einem schelmischen Grinsen auf dem Gesicht, dass er dann wieder sah, als ich mich grinsend zu ihm umwandte, meinte: "Und wieso sollte ich verrückt sein?" Einen Kommentar zu seinem muskulösen Oberkörper verkniff ich mir, aber nur, weil ich mir Sorgen machte, es könnte ihn irgendwie aus dem Konzept bringen. Allerdings war es gut zu wissen, womit man in verwirren konnte. Vielleicht würde mir das später noch zugute kommen.
Zunächst hatte ich ja schon fast befürchtet, ich hätte mir seine erste Reaktion nur eingebildet, doch die zweite war die Bestätigung gewesen. Gut, um ehrlich zu sein, ich war auch niemand, der die Nähe anderer unbedingt und immerzu brauchte, aber Scar hatte ich eher so eingeschätzt, dass ihm das egal war. Es war gut zu wissen, dass ich mich getäuscht hatte.
Während ich mich weiter umsah, griff er nach seinem Hemd und zog es sich wieder an. So hatte mein kleines Spielchen sogleich einen weiteren Effekt: Ich konnte ihn ein bisschen erziehen. Mann öffnete niemandem nur in der Hose bekleidet die Tür, fand ich.
Allerdings sah das Hemd nicht gerade so aus, als wäre es trocken. Das musste wohl dieses Kleidungsstück sein, das ich höchstpersönlich beschädigt hatte. Kein Wunder, dass er wohl versucht hatte, es auszuwaschen. Und nun war es immer noch nass. "Meinetwegen musst du keine Verkühlung riskieren", kommentierte ich. "Hier herinnen ist es immerhin nicht ganz so warm..." Wieder neigte ich nachdenklich den Kopf. "Soll ich dir meinen Umhang leihen?", fragte ich ihn schließlich. Der grüne Umhang hatte sicher den Vorteil, dass er nicht nass war und ihn vielleicht trotzdem wärmen würde. Vorausgesetzt, er nahm ihn an.
Narvik
Vor dem Haus warteten wir auf den Aufseher. Bald kam auch er vorbei, in einen Umhang eingewickelt. "Ne, Jungs, bei dem Wetter schuften wir nicht, der Hausherr hat's verboten", erklärte er lachend, als er bei uns stand. Erleichtert atmete ich auf. Der Vorgesetzte meinte, wir könnten doch alle gemeinsam ein Gasthaus besuchen, woraufhin ich mich allerdings gleich ausschloss, mit der Begründung, dass es mir nicht so gut ging. Dann begab ich mich in den Stall zu den Pferden. Ich musste zumindest nach ihnen sehen. Nachmittags würde ich - wenn das Wetter besser wurde - auch zumindest Uva bewegen müssen. Adrion ließ mich ja nicht an sich heran, außer, wenn Lumira dabei war. An Satteln oder gar Reiten war gar nicht erst zu denken.
Bei der Stute angekommen, stellte ich überrascht fest, dass sie absolut sauber war. Uva hob den Kopf und blickte mich fragend an. Schmunzelnd schüttelte ich den Kopf. Es gab nur Eine, die sich darum gekümmert haben konnte. Lumira war wirklich ein Engel.
Also verabschiedete ich mich wieder von meinem Pferd und verließ den Stall wieder, um dann die Scheune zu betreten, wo ich zielstrebig unser mittlerweile ausgekühltes Schlaflager ansteuerte und mich dann dort sinken ließ. Vielleicht kam ich nun zu meinem wohlverdienten Schlaf.