Ich bin auch ganz schön geläutert, ich war heute Abend bei der Andacht am Hauptbahnhof hier in Frankfurt. Ich habe durch Zufall die Durchsage gehört, dass sie stattfindet, als ich auf dem Weg nach Hause umstieg.
Mein Zug fuhr auf Gleis 8, also stand ich eine Weile da und schaute auf die Blumen und die Kerzen und den Leuten, die da am Gleis 7 standen in die Augen und das alles hat die Vorstellung sehr lebendig gemacht, was da passiert war, von dem man sich noch irgendwie abgrenzen kann, wenn es "nur" im Fernsehen kommt und vielleicht auch nicht in der Heimatstadt passiert war. Aber es ist halt in meiner Heimatstadt passiert an einem Ort, an einem Gleis, von dem ich tausendmal abgefahren und angekommen bin und das entbehrt dann jeder Distanz.
Eigentlich mache ich mir bei sowas lieber meine eigenen Gedanken, bzw. tausche mich im Familien- und Freundeskreis aus, auch weil ich so geschwollene Reden von irgendwelchen realitätsfernen Polithanseln nicht mag.
Es war aber sehr pietätvoll und auch der Bürgermeister war da und hat auch (gottseidank) weitgehend auf politische Selbstdarstellung verzichtet. Die Politik blieb jedoch leider nicht ganz außen vor. Zwei Leute hatten Schilder mit politischen Messages dabei, was ich sehr unangemessen fand, denn sowas hat meiner Meinung nach auf einer Gedenkfeier nichts zu suchen, was ich der einen Dame mit Schild auch klarmachte. Selbst, wenn vielleicht stimmt, was auf dem Schild steht. Es gibt bessere, intelligentere und pietätvollere Arten, sich Gehör zu verschaffen. Um das andere Schild gabs dann auch noch eine ziemliche Diskussion über Ausländer, was ich ebenso pietätlos fand. Das hat auf einer Gedenkfeier für mich keinen Platz, sondern gehört auf eine politische Veranstaltung. Ansonsten waren viele Kameraleute und Radioreporter da.
Alles in allem tat es aber gut, unter Leuten zu sein, die in ähnlicher Stimmung sind, ähnliche Gedanken haben usw. Ich hoffe jetzt, dass die Anteilnahme und die Hilfsbereitschaft noch etwas anhalten und nicht übermorgen schon wieder vorbei sind.